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Der Blaue Faden (Teil 4)

21. ehem. Palais von Dachenhausen

Palais Dachenhausen

Palais Dachenhausen

Heute zum Friederikenstift gehörig, Calenberger Straße 34, erbaut ca. 1798; 1830 umgebaut/erweitert. Sitz des kurfürstlichen Gerichtsschulzen, 1836-56 Amtssitz des Landdrosten F. W. von Dachenhausen, 1830 durch Graf Adoph von Kielmannsegg erworben, neben dem Fürstenhof der letzte erhaltene Adelssitz in der Calenberger Neustadt. (s. auch Wappen und Ornamentik an den Häusern Calenberger Straße 27 und 24, ebenfalls ehem. Häuser von Kielmannsegg).

22. Leisewitz-Geburtshaus

An das Geburtshaus von Johann Anton Leisewitz erinnert heute nur noch eine Gedenktafel am Haus Nr. 15. Das Haus selber ist nicht erhalten geblieben.

Johann Anton Leisewitz (09.05.1752 – 10.09.1806)

Leisewitz war der Sohn eines Weinhändlers und verbrachte seine Kindheit und Jugend in Celle. In Göttingen studierte er 1770 bis 1774 Rechtswissenschaften und trat dort 1774 dem Göttinger Hainbund bei.

Geburtshaus von Johann Anton Leisewitz (Foto: Detlef René Spanka)

Geburtshaus von Johann Anton Leisewitz
(Foto: Detlef René Spanka)

Bei einem Preisausschreiben des Theaterdirektors Konrad Ernst Ackermann und seiner Ehefrau Sophie Charlotte Schröder wurde Leisewitz 1775 von Friedrich Maximilian Klinger besiegt. Die Jury bewertete dessen Stück Die Zwillinge besser.

Nach erfolgreichem Studienabschluss ließ sich Leisewitz 1775 in Braunschweig als Jurist nieder. Aus dieser Zeit stammen seine Kontakte (Briefwechsel) zu Gotthold Ephraim Lessing, Johann Joachim Eschenburg, Jakob Mauvillon u. a. In Braunschweig war er Mitglied des 1771 gegründeten Argonauten-Ordens, der 1779 in einem Tagebucheintrag Erwähnung findet.

Im Jahre 1776 hielt sich Leisewitz längere Zeit in Berlin auf und schloss dort auch Bekanntschaft mit Friedrich Nicolai. Als Ostern desselben Jahres Lessing das Trauerspiel Julius von Tarent von Leisewitz las, unterstellte er ob der Genialität die Autorenschaft Johann Wolfgang von Goethes. Dieses Stück begründete die Bekanntheit Leisewitz‘ als Schriftsteller und gilt auch heute noch als eines der bedeutendsten Theaterstücke des Sturm und Drang.

1780 besuchte Leisewitz Goethe in Weimar. Wahrscheinlich mit Fürsprache Goethes wurde Leisewitz 1786 zum Hauslehrer des späteren Herzogs Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg berufen. Vier Jahre später wurde Leisewitz in Braunschweig Mitglied dessen Regierung.

1801 avancierte Leisewitz zum Geheimen Justizrat und als solcher leitete er ab 1805 als Präsident das Obersanitätskollegium. Im Alter von 54 Jahren starb Johann Anton Leisewitz am 10. September 1806 in Braunschweig. In seinem Testament verfügte Leisewitz die Vernichtung seines gesamten literarischen Nachlasses, was geschah.

Werke:

  • Die Pfandung (dramatische Szene), 1775
  • Der Besuch um Mitternacht (dramatische Szene), 1775
  • Julius von Tarent (Trauerspiel), 1776
  • Selbstgespräch eines starken Geistes in der Nacht (dramatisches Fragment), 1776
  • Konradin (dramatisches Fragment), 1776
  • Alexander und Hephästion (dramatisches Fragment), 1776
  • Rede eines Gelehrten an eine Gesellschaft Gelehrter (Satire), 1776
  • Geschichte der Entdeckung und Eroberung der Kanarischen Inseln (Übersetzung aus dem Englischen), 1777
  • Nachricht von Lessing’s Tod (Brief an Lichtenberg), 1781
  • Über die bei Einrichtung öffentlicher Armenanstalten zu befolgenden Grundsätze, 1802

Entlang der Calenberger Straße finden sich viele kleine Geschäft mit individuellem Angebot.

23. Ev.-luth. Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis

Neustädter Kirche

Neustädter Kirche

Die evangelisch-lutherische Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis in der Calenberger Neustadt von Hannover ist ein bedeutender barocker Kirchenbau und das frühe Beispiel einer von Anfang an für den protestantischen Gottesdienst konzipierten Predigtkirche.

Die Kirche wurde in den Jahren 1666-70 an Stelle der mittelalterlichen Marienkapelle erbaut, wahrscheinlich nach Plänen des venezianischen Architekten Hieronimo Sartorio. Ihre Errichtung steht im Zusammenhang mit der neuen Rolle Hannovers als Residenzstadt und der Stadterweiterung westlich der Leine für die Bedürfnisse des Hofs, seiner Beamten, Bedienten und Handwerker. Für die Erhebung zur Hofkirche spielte insbesondere auch die Rekatholisierung der Schlosskirche im Leineschloss durch Herzog Johann Friedrich eine Rolle. Die Neustädter Kirche diente fortan dem lutherischen Hofstaat und Beamtenapparat als Predigtkirche.

Das Kirchenschiff ist eine lange und geräumige Halle, die nach Osten mit einem nur wenig schmaleren Altarraum abschließt. Über dem Westportal erhebt sich der hohe, weithin sichtbare Turm mit quadratischem Unterbau, achteckigem Obergeschoss und einer kupfergedeckten Turmhaube mit Laterne und Kegelspitze.

Mehr als das Äußere erinnert das Innere der Kirche an ihre weitgehende Zerstörung bei Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg. Statt einer Wiederherstellung der Barockeinrichtung wurden erhaltene Teile der ursprünglichen Ausstattung – Christus-, Engel-, Heiligen- und allegorische Figuren, Porträts und Grabmäler – mit modernen Elementen kombiniert und neu angeordnet.

Begraben liegt in der Kirche Hannovers Universalgelehrter Gottfried Wilhelm Leibniz. Leibniz starb vereinsamt am 14. November 1716 im Alter von 71 Jahren – nur sein Sekretär war beim Begräbnis anwesend.

24. Neustädter Markt

Tischbrunnen und Wünschestein auf dem Neustädter Markt

Tischbrunnen und Wünschestein
auf dem Neustädter Markt

Nachdem der Duve-Brunnen zum Leibnizufer umgesetzt wurde kam in den 1960er Jahren die Idee auf, den Markt mit einem neuen Brunnen auszustatten. Leider fehlte, wie so oft, das Geld. Mit Margot und Friedrich Engelke fanden sich 1973/74 private Spender, die den heute hier befindlichen Brunnen von Max Sauk ermöglichten.

Der Tischbrunnen vor der Neustädter Kirche ist ein Symbol für Gastlichkeit. Ein Brunnentrog mit Bronzefrüchten wird von einem Wasserfall gespeist. Zusätzlich gehören ein Enseble aus drei Tischen mit zwölf Hockern dazu. Die Tische sind mit Besteck aus Bronze eingedeckt. Eine Besonderheit weist der Brunnen noch auf. Neben dem breiten Wasserfall führt auf der Innenseite ein Leerrohr durch das eine Bierleitung gezogen werden kann. Zu festlichen Anlässen wird diese Wasserkühlung gerne genutzt.

Tischbrunnen mit Bierleitung

Tischbrunnen mit Bierleitung

Ebenfalls auf dem Neustädter Markt finden wir den Aktions- oder Wünschestein. Erschaffen hat ihn Wilfried Behre zusammen mit Schulkindern 1996. Das Kunstwerk enthält ein mit von Kindern und Erwachsenen beschriebenen Wunschzetteln gefülltes Kästchen.

Seit August 2007 gibt es auf dem Neustädter Markt auch noch einen offenen Bücherschrank. Bücherfreunde in der Calenberger Neustadt können dort ihren Lesehunger stillen. Jeder kann ein Buch aus dem Schrank mitnehmen und später wieder zurück bringen oder gegen ein anderes Buch eintauschen.
Der Bücherschrank wurde vom Werkstatt-Treff Mecklenheide e.V. gebaut. Die Aufstellung finanzierte die Sparkasse Hannover.

25. Neustädter Kirchhof

Neustädter Kirchhof - Das Abendmahl (Foto: Detlef René Spanka)

Neustädter Kirchhof
(Foto: Detlef René Spanka)

Auf der anderen Seite der Kirche, dem Neustädter Kirchhof gibt es zwei weitere Kunstobjekte. Die Stein-Sitzgruppe „Das Abendmahl“, von Rudolf Kaiser erschaffen und das „Echo II“ von Joseph Semah. Das Echo 1993 aus Stahlplatten geschaffen, soll symbolisch an die ehemalige Synagoge in der Roten Reihe erinnern.

Joseph Semah
Joseph Semah wird am 24. Februar 1948 in Bagdad als Enkel des letzten Großrabbiners geboren.

1950 wird seine Familie im Zuge der Operation „Ezra und Nehemia“ zur Ausreise nach Israel gezwungen. Dort wächst Joseph Semah auf. Nach seinem Abitur und dem Militärdienst während des Sechs-Tage-Krieges studiert er Elektrotechnik und Philosophie an der Universität Tel Aviv. Schon während des Studiums fängt Semahs künstlerische Entwicklung an. In seinen Texten und Bildern kritisiert der junge Student die politische Entwicklung seines Landes. Unter den Eindrücken seiner Erfahrungen als Soldat im Yom-Kippur-Krieg und in Opposition zu den politischen Entwicklungen verlässt Semah Israel Mitte der siebziger Jahre.

Er lebt zunächst in London, Paris und Berlin (1976-1981). Dort trifft er auf Joseph Beuys , mit dem er sich später in intensiven Studien, Ausstellungen und Performances auseinandersetzt. Schließlich lässt er sich 1981 in Amsterdam nieder. Dort gründet er die Stiftung „Makkom“ (hebr. „Ort“), die bis Ende der achtziger Jahre Kunstprojekte auf der Basis interdisziplinärer Forschung organisiert. Semah gibt Vorlesungen, Performances (Kunst und Theater), er schreibt Gedichte und veröffentlicht Texte über Kunst. Heute sind seine Werke Bestandteil wichtiger privater und musealer Kollektionen.

26. ehem. Fürstenhof, heute Bibliothek des Landeskirchenamtes

Heute Bibliothek des Landeskirchenamtes, Rote Reihe 6, der heutige Bau entstand um 1817/18, erbaut von G.L.F. Laves. Eines der letzten erhaltenen Adelspalais. Bereits 1673 Bau eines ersten Palais, später auch „Osnabrücker Hof“ genannt, Wohnsitz des späteren kurfürsten ernst August, als dieser noch (evangelischer) Bischof von Osnabrück war; dann fürstliches Gästehaus. Wohn- und Sterbehaus des hannoverschen Premierministers Gerlach Adolf von Münchhausen (1688-1770), dem „geistigen Vater“ und ersten Präsidenten der Universität Göttingen. Wohnhaus des Kronprinzen Georgspäteren Königs Georg V. von Hannover (1819-1878); seit 1855 militärisch genutzt.


Den Rundgang erarbeitete die Historikerin Dr. Annette v. Boetticher. Ergänzt wird er durch Artikel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und anderen Quellen. Fotos Achim Brandau und Detlef René Spanka (www.spanka-foto.de).